Markus, Du schreibst im Vorwort, Cannabidiol entwickle sich „zu einem Trend“, sei sowohl „eine wirksame Naturmedizin“ wie „gleichfalls Lifestyleprodukt mit Potenzial“, scheinst allerdings die Zielgruppe selbst auf „Cannabispatienten“ einzuschränken. Hand aufs Herz, welchen Gebrauchswert hat das Buch für normale User, also die ohne Ausnahmeerlaubnis?
Es müsste zuvor definiert werden, was ein gewöhnlicher User ist, vermutlich meint Ihr den „Otto-Normal-Kiffer“. Das CBD-Buch richtet sich in dieser Form an alle, die etwas mit dem Thema anfangen können, an Patienten, Therapeuten und Cannabis-Interessierte. Im ersten Teil präsentiert der Mediziner und Cannabismedizin-Experte Dr. Franjo Grotenhermen den Status quo der CBD-Forschung. Was vermag dieses Cannabinoid in der Heilkunde potenziell zu leisten? Wo liegen die Unterschiede gegenüber dem psychoaktiven Molekül THC? Welche Erkrankungen können heute schon mit CBD behandelt werden? In welche Richtung bewegt sich die Wissenschaft. Im Mittelteil des Buchs berichte ich über Möglichkeiten der Extraktion des CBD und anderer Cannabinoide bzw. des Wirkstoffmixes der Hanfpflanze, und zum guten Schluss können die Leser die zahlreichen hanfbasierten Rezepte der Berliner Konditorin und Hanfpatientin Kathrin Gebhardt nachempfinden. Grundsätzlich richtet sich das Buch keinesfalls nur an Cannabispatienten mit Ausnahmeerlaubnis. Um z. B. ein CBD-haltiges Massageöl oder Ähnliches zu verwenden, wie es zurzeit vielerorts angeboten wird, braucht es keine Genehmigung. Darüber hinaus ist Wissen über pflanzliche Heilmittel für viele Menschen von Interesse. Nicht jeder, der sich ein Buch über Heilpflanzen kauft, ist schrecklich krank.
Was ist das Neue am CBD, also gegenüber dem THC?
CBD und THC können in dieser Hinsicht nicht wirklich miteinander verglichen werden. Zwar entstehen im Zusammenspiel der beiden Moleküle bzw. Molekülgruppen Synergien. Cannabidiol hat aber beispielsweise keine psychoaktiven Effekte und damit liegen auch andere rechtliche Grundlagen vor als beim Tetrahydrocannabinol. Die „neue Rolle“ des CBD findet sich möglicherweise in der Verfügbarkeit des Stoffs. Während der Umgang mit THC und THC-haltigen Produkten noch komplett der Prohibition unterliegt, ist CBD nicht Gegenstand der betäubungsmittelrechtlichen Verbotspolitik. Die freie Verfügbarkeit könnte aber mittelfristig durchaus eingeschränkt werden. Zurzeit wird diskutiert, CBD der Verschreibungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz zu unterstellen.
Wenn wir mal den Realitätscheck machen, welcher Händler Deines Vertrauens hat Kräutermischungen mit überdurchschnittlich hohem CBD-Gehalt?
Keine Ahnung, damit habe ich mich bisher nicht auseinandergesetzt.
Demnach müsste, wie von Euch vorgeschlagen, Extrahieren das eigentliche Ding sein?
Nicht für jeden. Es ist aber eine Methode unter vielen, die manchem möglicherweise liegt.
Mal ehrlich, wer macht das bzw. hat überhaupt die technischen Kapazitäten dafür?
Wir beschreiben die Extraktion mit handelsüblichen Extraktoren für den Laien. Daneben dokumentiere ich die Rosin-Methode, eine simple Extraktion, die mit einem Glätteisen für Haare vorgenommen werden kann.
Dr.Franjo Grothenhermen, Co-Autor und zugleich Arzt könnte eine 5%ige CBD-Lösung als Medikament verordnen. Das kostet allerdings für 20ml 120 €, für 40ml 220€, für 60 ml 320 € und für 80ml stolze 420 € – und nur mit Ausnahmeerlaubnis, was recht teuer erscheint: Wie hoch müsste eine wirkungsvolle Verabreichung sein?
Das ist individuell verschieden. Die Frage, wieviel Milligramm Morphin muss ein Schmerzpatient nehmen, wäre ein Vergleich. Der eine benötigt nur geringe Dosierungen in größeren Abständen, während der andere möglicherweise das Doppelte oder Dreifache braucht, um seine Symptome zu lindern oder Leiden zu behandeln.
Wer kann sich die offensichtlich arg teuren CBD-Lösungen oder Wellness-Produkte leisten?
Das ist meines Erachtens ein Problem des Systems. Medizinprodukte und Wellness-Artikel werden in aller Regel mit deftigen Preisen beaufschlagt. Auch zahlt man zuweilen mit den teils horrenden Preisen natürlich auch die Entwicklung der Produkte mit.
Ihr schreibt, CBD sei in Deutschland und der Schweiz vollkommen legal und der Markt mit medizinischen und Wellness-Produkten teils aus reinem CBD überschwemmt. Welche legalen Produkte gibt es in Deutschland?
Massageöle (CBD-Öle), Hanföle, Cremes, Kapseln mit Hanföl, Body Butter, CO2-Extrakte und sowas.
Wie erklärt sich der Hype um CBD, der z.B. auf Messen erkennbar ist?
Wir haben es hier mit einem bislang legalen Cannabinoid zu tun, das scheint viele zu faszinieren. Die Verwendbarkeit in der Heilkunde ist ein weiterer Aspekt, der großes öffentliches Interesse weckt. Mit diesem höchstinteressanten Cannabinoid, das nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst ist, hoffen einige Aktivisten außerdem, auf eine schonende Art und Weise über Cannabis sprechen und auf den Hanf aufmerksam machen zu können. Das gelingt ja bisher wirklich ganz gut. Die Akzeptanz in der Gesellschaft gegenüber Cannabis und Cannabismedizin scheint immer größer zu werden.
Markus, danke für das Gespräch!