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Uli-KernerWas beim Anbau alles blühen kann

Frage:

Jemand hat Cannabis im eigenen Haus angebaut und wurde entdeckt. Droht bei der Verurteilung auch der Verlust von Haus und Grundstücks?

Antwort:

Ja, das kann passieren! Die Regelungen über die Einziehung von Tatwerkzeugen erlauben unter bestimmten Umständen auch den Zugriff auf das Grundeigentum, wie nachfolgender Fall zeigt.

Der Fall

Ein Niederländer hatte sich im Jahre 2007 für 143.000 Euro ein Grundstück mit Einfamilienhaus in Kleve gekauft, wohnte aber weiterhin in den Niederlanden. Spätestens im Sommer 2011 hatte er begonnen, im Keller und im Obergeschoss des Hauses Cannabis unter Kunstlicht anzubauen. Regelmäßige Besuche verschiedener Personen, geschlossene Rollläden und die Tatsache, dass in dem Haus niemand wohnte, waren den Nachbarn bereits aufgefallen. Bei einem Hubschrauberflug im August 2011 wurde zudem eine erhöhte, überdurchschnittliche Wärmestrahlung des Hauses festgestellt. Bei der Durchsuchung im Dezember 2011 wurden knapp 200 fast ausgewachsene Pflanzen sichergestellt, die mit 32 Lampen mit je 600 Watt beleuchtet wurden. Zudem fanden die Ermittler 1,1 kg getrocknetes Cannabis und eine aus dem Jahre 2010 stammende Rechnung, aus der hervorging, dass der Niederländer bereits damals Lampen und Spezialerde bestellt hatte, die für ca. 200 Pflanzenkübel gereicht hätte.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht verurteilte den Mann für zwei Taten zu einer Gesamtstrafe in Höhe von 5 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe (LG Kleve, Urteil vom 30.05.2012, Az. 120 KLs 11/12). Der Anbau im Sommer und der Anbau im Winter stellten dabei jeweils eine eigene Tat dar. Da das Gericht ferner davon ausging, dass die erste Ernte im Sommer 2011 eine Menge von mindestens 11,7 kg eingebracht hatte, die für über 30.000 Euro verkauft wurde, ordnete es daher Wertersatzverfall in Höhe von 30.000 Euro an. Zudem wurde das Hausgrundstück als Tatwerkzeug eingezogen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Angeklagte alleiniger Eigentümer des Grundstücks war und das Grundstück mit dem Haus einzig zum Anbau von Cannabis genutzt wurde. Eine andere, darüber hinausgehende Nutzung habe nicht vorgelegen. Weder wurde das Grundstück vermietet, noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das Gericht führte weiter aus, dass die Einziehung des Grundstücks auch nicht unverhältnismäßig sei, da es als Tatwerkzeug für eine ganz erhebliche Straftat genutzt wurde. Auch unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Angeklagten, der lediglich eine geringe Erwerbsunfähigkeitsrente bezog, sei die Einziehung des Grundstücks trotz seines ganz erheblichen Wertes nicht unverhältnismäßig.

Hinweise aus der Praxis

Mit dem Instrument des Verfalls können die Gerichte alles abschöpfen, was jemand durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat. Ist das Erlangte nicht mehr vorhanden, da z.B. Einnahmen aus einem Drogenverkauf bereits ausgegeben wurden, kann in der Höhe des geschätzten (!) Umsatzes sogenannter Wertersatzverfall angeordnet werden. Dabei haftet der Adressat mit seinem gesamten Vermögen, auch wenn die vorhandenen Werte nachweislich legal erworben wurden.

Tatwerkzeuge können eingezogen werden. Der Staat wird damit neuer Eigentümer der Sache, der   Verurteilte verliert seine Eigentumsposition ersatzlos. Eine Einziehung ist bei allen Gegenständen möglich, die zur Begehung einer Straftat oder deren Vorbereitung gebraucht wurden oder bestimmt gewesen sind. Ein Tatwerkzeug kann auch ein Grundstück, Haus oder eine Eigentumswohnung sein. Nicht ausreichend ist aber, wenn ein Gegenstand nur bei Gelegenheit der Tat benutzt wurde. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Gegenstand nach der Absicht des Täters gezielt die Verwirklichung der Straftat fördern soll. Für eine Immobilie gilt dies insbesondere, wenn keine andere Nutzung vorliegt, dort also ausschließlich Cannabis angebaut wird. Steht hingegen das eigene Wohnen – z.B. in einer Eigentumswohnung – im Vordergrund und hat jemand nebenbei ein paar Cannabis-Pflanzen, liegt eher eine nebensächliche Nutzung der Wohnung zum Anbau vor. Zwingend ist diese Ansicht aber nicht. Voraussetzung für eine Einziehung ist ferner, dass der Gegenstand dem Täter gehört hat. Hätte in vorliegendem Fall der Verurteilte das Haus lediglich gemietet, wäre eine Einziehung nicht möglich gewesen. Gleiches gilt auch z.B. für Drogenkuriere, die für ihre Kuriertätigkeit einen PKW nutzen: Während ein fremder PKW nicht eingezogen werden kann, wird ein dem Kurier selber gehörendes Auto schnell der Einziehung unterliegen.

Rechtsanwalt Ulrich Kerner verteidigt bundesweit in Betäubungsmittelsachen, Führerscheinangelegenheiten und allen anderen Strafverfahren.

www.anwaltfuerstrafsachen.de

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