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Barrierefreiheit auf Psy-Events geht uns alle an

Im Sommerurlaub geht’s auf Festival oder zwischendurch mal ein spontaner Wochenend-Abstecher Richtung „Goa-Highway“ A24 – das ist für uns alle ganz normal. Für Menschen, die ein Handicap haben, ist das aber häufig ein unnötig schwieriges Unterfangen.

Eine einfache Anreise, Barrierefreiheit und inklusive Services vor Ort gibt es auf den allermeisten Psytrance-Festivals und GOAs nämlich nicht, auch wenn der One-Love-Spirit hier nur allzu gerne unterstrichen wird. Dass auch Menschen mit Behinderung tanzen, lachen, quatschen, Spaß haben und am Festivalsommer teilnehmen wollen, kommt trotzdem nur den allerwenigsten Veranstaltern und Organisatoren in den Sinn.

Denn, was viele über den Partyspaß vergessen: Mit körperlichen Einschränkungen kommt man nicht mal eben so auf’s nächste Festivalgelände im Grünen, wie alle anderen auch. Nicht nur deshalb bleibt der Besuch der Lieblings-Veranstaltung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen häufig ein unerfüllbarer Wunsch.
Ein Paar Psy-Festivals gehen zum Glück bereits mit gutem Beispiel voran. Auf dem Boom Festival in Portugal und dem New Healing Festival in Deutschland, gibt es Strukturen, die einen erleichterten Zugang ermöglichen und viele Services vor Ort, die Menschen mit Behinderung unterstützen. Das sollte überall so werden.

>Während der vergangenen zwei Jahrzehnte, hat das Boom Festival einen persönlichen und sozialen Wandel angestoßen.< -Claudia Nóbrega, Boom Special Needs Camp Orga

Was bedeutet Barrierefreiheit auf Festivals?

Klar, die absolute Mehrheit von uns ist gerne hilfsbereit und macht sich nicht über Menschen die ein Handicap haben lustig, oder schließt sie gar aktiv vom Partymachen aus.

Es geht bei Barrierefreiheit auf Festivals aber um viel mehr als ein tolerantes Miteinander. Wenn ein Festival allen Besuchern die Party ihres Lebens bieten will, müssen sich die Betreiber und Besucher auf Menschen mit Behinderungen einstellen. Was bedeutet das genau?

An- und Abreise

Reservierte Parkplätze gibt’s vor jedem Supermarkt. Wenn Parkzonen wie diese auch am Festivaleingang eingerichtet werden, könnte das vielen Menschen den Zugang erleichtern. Leider ist das oft nicht der Fall. Ein barrierefreier Shuttle-Service zum Platz wäre eine Alternative.

Shuttles gibt es bei den meisten Festivals ja sowieso schon. Wenn hier eine Handvoll geschulter Leute ein besonderes Augenmerk auf Menschen die Unterstützung benötigen legt, wäre die erste Hürde zu einer entspannten An- und Abreise für alle bereits überwunden.

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Special Needs, Boom 2016

Auf dem Festivalgelände

Jeder muss mal, da sind angepasste Toiletten auch in der Nähe der Floors natürlich richtig wichtig. Sanitäranlagen wie diese sollten auch auf dem Geländeplan eingezeichnet sein, was zumindest bei vielen großen Veranstaltungen schon der Fall ist. Aber kann man mit einfachen Mitteln nicht noch viel mehr tun? Ebene Wege, Rampen, wenn kleinere Hindernisse überbrückt werden müssen, und niedrige Theken an den Bars helfen vielen Menschen mit Handicap schon enorm weiter. Außerdem ist ein Shuttle-Service auf weitläufigen Areas praktisch, damit man auch mit Handicap rechtzeitig beim nächsten Lieblings-Act ankommt – und im Zweifel auch wieder sicher zurück ins Camp. Den gibt’s so bisher aber nur auf der Boom.

Camping für Menschen mit besonderen Bedürfnissen

Campen gehört zu Festival-Spaß dazu. Ein spezieller Campingplatz neben angepassten Duschen und Toiletten ist bei mehrtägigen Events ein Muss. So einen gibt es zum Beispiel auf dem Fusion Festival. In so einem Camp muss allerdings 24 Stunden am Tag ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen, der sich mit den besonderen Bedürfnissen der Camper auskennt. Dass es einen Platz gibt, an dem temperaturempfindliche Medikamente im Kühlschrank aufbewahrt werden können, sollte ebenfalls bei Veranstaltungsplanung mit bedacht werden.
Ein Stromanschluss ist gerade bei Besuchern mit schweren Behinderungen, die auf Atmungsgeräte o.ä. angewiesen sind, unabdingbar. Mit Fragen wie diesen kennen sich die bereits vor Ort eingesetzten Sanitäter auch bestens aus.

Kontakt

Die Möglichkeit sich bei Veranstaltern zum Thema Barrierefreiheit informieren zu können kann vieles einfacher machen und Missverständnissen vorbeugen. Um den Festivalaufenthalt mit Behinderung gut vorzuplanen, sollte man sich per E-Mail oder Telefon im Vorfeld einer Veranstaltung an die Betreiber eines Festivals wenden. Hier ist das New Healing Festival ein echtes Vorbild. Kundenservice in Form einer Hotline oder Infomail-Adresse ist hier beim Thema Barrierefreiheit auf Festivals also ein A und O. Auch Ansprechpartner und geschultes Personal sollten vor Ort leicht auffindbar sein.

Spaß beiseite – Community statt Ignoranz

Zugegeben, es gibt auch Dinge, die sich im Vorfeld nicht immer einfach so regeln lassen. Bei Regen, Wind und überhaupt schlechtem Wetter stoßen nämlich meistens alle Festivalgänger und auch die Macher an ihre Grenzen. Auf vielen Events in abgelegenen Industrie-Locations oder in der freien Natur gibt die Infrastruktur befestigte Wege einfach oft nicht her. Für Menschen mit Behinderung wird es da auch in Zukunft oft keine perfekte Lösung gegeben, außer, dass alle mit anpacken.
Und noch etwas wird oft unterschlagen: Menschen mit Einschränkungen werden im Club oder auf der Open-Air-Party manchmal immer noch komisch angeschaut, ob wohl wir uns doch größtenteils einig sind, dass wir „one big family“ sind. Auf dem New Healing Festival und der Fusion in Deutschland oder dem portugiesischen Boom Festival gehört das aber zum Glück der Vergangenheit an. Hier gibt es nicht nur die nötige Infrastruktur für Gäste mit Behinderung – Alte, Schwangere und Familien finden hier ebenso den passenden Rahmen zum Feiern, Musikhören, sich Ausprobieren und Spaß haben wie jeder andere auch. Das ist den Veranstaltern, aber auch dem Eigenengagement der Besucher zu verdanken. Und es zeigt, dass wir durch ein entspanntes Miteinander und mit ein bisschen Extra-Aufwand schon viel bewegen könnten.

>Wir sind dafür, Individualität und Pluralismus diesen Festivalsommer 2019 hochleben zu lassen!<

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