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Georg Wurth führt seit 2002 die Geschäfte des Deutschen Hanfverbands (DHV), der seinen Sitz in Berlin hat. Der 1972 geborene Remscheider ist gelernter Finanzwirt und seit 2004 auch Inhaber des DHV.

Der Chef des Hanfverbands über Hanfmedizin, die Legalisierung und Lobbyarbeit

Georg Wurth

In den vergangenen Jahren konnte sich Georg Wurth nicht nur als Buchautor (zusammen mit Steffen Geyer: Rauschzeichen, KiWi-Verlag), sondern auch als Teilnehmer und Gewinner der Millionärsshow des Fernsehsenders Pro 7 in Deutschland einen Namen machen. Wir haben mit dem professionellen Hanfaktivisten über seine Arbeit und die Cannabislegalisierung gesprochen.

Wie ist der derzeitige Status quo in Sachen Cannabis? Womit können vor allem Patienten demnächst rechnen?

Ich bin sicher, dass wir die Legalisierung erreichen werden, dass irgendwann jeder seinen eigenen Hanf anbauen darf, aber das ist schon noch Zukunftsmusik. Cannabis als Medizin hingegen wird ab nächstem Jahr konkret. Es wird für viele Betroffene ab 2017 einfacher werden, an cannabis medicine heranzukommen, weniger einfach wird es aber sein, diese Medizin auch von den Krankenkassen erstattet zu bekommen. Trotzdem haben wir da einen Riesenschritt vor uns, auch international betrachtet wird Deutschland dann auf diesem Gebiet führend sein.

Was soll sich eigentlich genau verändern?

Zurzeit gibt es die Möglichkeit, Cannabismedizin mit Ausnahmegenehmigung von der Bundesopiumstelle zu beziehen, was mit einem enormen bürokratischen Akt verbunden ist. Ab kommendem Jahr soll Cannabismedizin auf einem BtM-Rezept verschreibbar werden. Für welche Patienten dann aber die Versicherer die Kosten übernehmen, steht noch in den Sternen. Geplant ist, nur solchen Menschen Apothekengras zu erstatten, die eine „schwerwiegende Erkrankung“ plagt. Was genau da aber drunter fällt, ist noch nicht klar. Da wird am Ende vermutlich der Medizinische Dienst der Krankenkassen die Entscheidungen beeinflussen.

Was ist euer größter Kritikpunkt an der geplanten Novelle?

Dass der Eigenanbau für Patienten mit der Gesetzesänderung verhindert werden soll. Wir finden, dass das eine der besten Möglichkeiten ist, seine Medizin gut und günstig zu produzieren. Möglich wäre auch das Prinzip des Care Givers, also eines Dritten, der für Cannabispatienten den Hanf anbaut – das ginge dann in Richtung des Modells eines Cannabis Social Clubs.

Die Regierung will lieber, dass Medizinalcannabis von staatlicher Seite aus produziert wird?

Genau. Eine Bundes-Cannabisagentur ist fester Bestandteil des Gesetzesentwurfs. Der industrielle Cannabisanbau wird damit in Deutschland selber stattfinden können.

Und wieso wird es dann in Deutschland ab diesem Monat noch importiertes Medizinalcannabis aus Kanada geben?

Weil ja jetzt lediglich Apothekenmarihuana aus den Niederlanden zur Verfügung steht und es damit immer wieder Lieferengpässe gibt. Das führt dazu, dass viele Patienten regelmäßig auf ihre Medizin verzichten müssen. Die holländische Regierung will nicht so viel Cannabis durchlassen bzw. der Produzent Bedrocan kommt mit der Herstellung größerer Mengen nicht hinterher. Damit in Deutschland künftig nicht mehr so viele Patienten ohne ihre Medikation dastehen, kommt jetzt das kanadische Medizinalcannabis ins Spiel. Denn auch, wenn die Installation einer deutschen Cannabisagentur vorgesehen ist, so wird es doch zunächst nach wie vor zu Lieferproblemen kommen.

Wieso?

Spätestens dann, wenn Cannabis auf einem BtM-Rezept verschrieben werden kann, werden es nicht mehr nur 800 Leute mit Ausnahmeerlaubnis sein, die Medizinalhanf für sich beanspruchen dürfen, so wie zurzeit, sondern deutlich mehr. Und dann ist auf jeden Fall eine wesentlich größere Menge an medizinischem Cannabis nötig.

Könnte es sein, dass es sich bei den Versprechen einer Gesetzesnovelle um eine weitere Hinhalte-Taktik handelt?

Das glaube ich nicht. Denn nach der derzeitigen Lage, wird es schwer, den Patienten auch zukünftig den Eigenanbau zu verbieten. Im Gegenteil. Mit dem Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts (siehe vorige Ausgabe Hemp Five), muss einem Patienten jetzt vonseiten der Bundesopiumstelle genehmigt werden, sein Cannabis selber anzubauen. Und damit das nicht Schule macht, wird die Regierung diese Gesetzesänderung auch durchziehen.

Georg Wurth

Was tut der DHV dafür, dass sich die Lage in Sachen Cannabis-Legalisierung zum Positiven wendet? Euch geht es ja nicht nur um die medizinische Schiene.

Das eine ist die Öffentlichkeitsarbeit. Wir wollen darauf hinwirken, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine allgemeine Legalisierung befürwortet – auch von Cannabis als Genussmittel. Diese Mehrheit haben wir zurzeit definitiv noch nicht. Das andere ist die politische Lobbyarbeit. Die umfasst jede Menge trockene Arbeit, die wir als Sachverständige und Berater im Parlament einbringen. Daneben haben wir viele direkte Gespräche mit Politikern, machen Kampagnen und bearbeiten spezielle Themenbereiche, die für die öffentliche Diskussion wichtig sind, zum Beispiel den Komplex Cannabis und Führerschein. Zurzeit arbeiten wir mit fünf Hauptamtlichen und mehreren Ehrenamtliche. Das genügt personell aber noch lange nicht.

Was kann die Bevölkerung tun, um eine Legalisierung voranzutreiben?

Ich kann immer wieder nur sagen: Leute, mischt euch ein, die Legalisierung kommt nicht von alleine! Je mehr Leute aktiv werden und sich für eine Veränderung innerhalb der Drogenpolitik einsetzen, desto erfolgreicher können wir sein und desto schneller werden wir die vollständige Legalisierung des Hanfs erreicht haben.

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